Valie Export

VALIE EXPORT »Aktionshose Genitalpanik«, 1969
© VG BILDKUNST 2021 / Courtesy VALIE EXPORT Center
* 1940 / österreichische Medienkünstlerin
„Kunst muss aggressiv sein.“
Valie Export

Als in den 1970er Jahren vermehrt Frauen ihre Stimmen gegen die diskriminierende gesellschaftliche Situation der Frau, gegen verkrustete Geschlechterkonstruktionen und für eine stärkere Wahrnehmung des weiblichen Kunstschaffens erheben, sind es vor allem Künstlerinnen selbst, die ihren Forderungen mittels kreativer Provokation Gehör verschaffen. Künstlerinnen dekonstruieren das jahrhundertealte, nahezu ausschließlich von Männern geprägte »Bild der Frau« in ihrer Kunst völlig neu. Die damals in Europa radikalste Kämpferin für Frauenthemen ist die Österreicherin VALIE EXPORT. 

Skandalkunst am eigenen Körper

Ihr wichtigstes Kunstwerk ist ihr eigener Körper. Als große Provokateurin schockt sie mit ihren öffentlichen Aktionen die zugeknöpfte Gesellschaft, so 1968 mit ihrem »Tapp- und Tastkino«, für das sie einen als Fernseher umgebauten Karton vor ihren nackten Oberkörper schnallt und Leute auf der Straße einlädt, ihre Brüste anzufassen. VALIE EXPORT macht mit dieser Arbeit ihren Oberkörper zum Kinoraum und ihren Busen zur Leinwand und reflektiert damit auch die Rolle der Frauen im damaligen Kino. Gleichzeitig stellt sie den männlichen Voyeurismus zur Schau.

„Mein Körper ist die Naht, mein Körper ist die Schnittstelle.“
Valie Export

1969 folgt ihre »Aktionshose Genitalpanik«, mit der sie einmal mehr die bürgerliche Moral auslotet. Presse und Gesellschaft schmähen sie als Luder, sie wird belästigt und verfolgt, gar wird ihr mit dem Tod gedroht. Eine Hexenjagd wegen ein paar Kunstwerken.

»Als Frau wurde man kaum wahrgenommen«

Die in ihrer Heimat Österreich lange unverstandene und von den Wiener Aktionisten-Kollegen völlig ignorierte Künstlerin bricht mit ihren Aktionen immer wieder mit gesellschaftlichen Tabus und setzt ihren Körper als Waffe ein. Offensiv sucht sie nach einem weiblichen Ausdruck sexueller Selbstbestimmung, wobei sie die Kunst als Medium des Feminismus’ nutzt. Mit ihren Aktionen schafft Valie Export Ende der 1960er Jahre ikonische Bilder, die sich bis heute in das visuelle Gedächtnis eingebrannt haben: nackt wälzt sie sich in Glassplittern, schleift ihren männlichen Gefährten am Hundehalsband auf allen Vieren durch die Stadt und schabt sich die Nagelhaut ab, bis es blutet. 

VALIE EXPORT »Aus der Mappe der Hundigkeit«, 1968
© VG BILDKUNST 2021 / Courtesy VALIE EXPORT Center
„Was die feministische Kunst so stark macht ist die Radikalität. Im Falle von VALIE EXPORT war das eindeutig das Wissen um die Notwendigkeit, das hier starke Gesten, die auch Skandale auslösen würden, notwendig sein würden.“
Sabine Folie, Direktorin VALIE EXPORT Center Linz

Die Vielfalt ihrer künstlerischen Ansätze ist bemerkenswert: Wie kaum eine andere probiert sie sich in verschiedenen Kunstsparten aus und sucht neue Ausdrucksmöglichkeiten. Die Medien-Künstlerin realisiert Performances, arbeitet als Filmemacherin und Fotografin und experimentiert mit Laser- und Computerkunst.

Bereits zu Lebzeiten eine Ikone

Nach Jahren der Missachtung erklimmt ihr facettenreiches Werk ab den 1990er Jahren die internationale Kunstbühne – documenta, Biennale Venedig, MoMA, Tate Galerie London. Heute ist VALIE EXPORT die Pionierin feministischer Aktionskunst und damit eine Ikone in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Ihre radikale Ästhetik inspiriert feministische Protestaktionen und Künstlerkolleginnen wie Marina Abramović oder Cindy Sherman und reicht bis in die heutige Kultur- und Pop-Industrie. 

 

Ihrem Lebenswerk wurde 2017 eine eigene Forschungsstätte gewidmet – das VALIE EXPORT Center – das ihren Vorlass erforscht und kontextualisiert – ein international einzigartiges Zentrum des Austauschs, inspiriert durch eine bemerkenswerte Frau, die bereits zu Lebzeiten Kunst- und Emanzipationsgeschichte geschrieben hat.