Marianne von Werefkin

Marianne von Werefkin, Selbstbildnis I, 1910
© Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Foto: Lenbachhaus
1860 – 1938 / russisch-deutsche Malerin
„Die Kunst, das sind Funken, die durch die Reibung des Individuums mit dem Leben entstehen.“
Marianne von Werefkin

Als fortschrittliche, energische und temperamentvolle Persönlichkeit, „voll revolutionären Geistes gegen alles Laue und Ängstliche“ wird die expressionistische Malerin Marianne von Werefkin von ihren Zeitgenossen beschrieben. Eine schillernde Persönlichkeit, so leuchtend wie die Farben, die sie kräftig auf ihre Leinwand auftrug. Ihr Leben war geprägt von großer persönlicher und geistiger Freiheit, aus der heraus sie zu einer radikal neuen, ausdrucksstarken Malerei fand, die den deutschen Expressionismus wegweisend prägte.

Marianne von Werefkin, Selbstportrait in Matrosenbluse
Russischer Rembrandt

Werefkins freigeistiges Temperament rührt nicht zuletzt aus ihrer Herkunft. Die gebürtige Russin aus kunstinteressiertem, adeligem Elternhaus genießt die höchstmögliche Bildung und entwickelt früh ein großes künstlerisches Selbstverständnis. Als Privatschülerin von Ilja Repin, bedeutendster Vertreter des Russischen Realismus, genießt sie bereits zu Beginn der 1890er Jahre den Ruf eines „russischen Rembrandt“. Die Welt steht der intelligenten und modernen Werefkin offen, so siedelt die Künstlerin nach München über, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Alexej von Jawlensky.

Die Suche nach der idealen Kunst

Jawlensky und Werefkin führen eine kultivierte Künstlerexistenz in München. Ausgestattet mit einer großzügigen Zarenrente, ermöglicht Werefkin beiden ein sorgenfreies Leben. Sie ist die große Theoretikerin und Anregerin und ihre Münchner Wohnung wird viel frequentierter Treffpunkt der Kunstszene – Dichter, Tänzer und avantgardistische Künstler wie Paul Klee, Franz Marc, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter oder Sergej Diagilev kehren ein und aus. Werefkins theoretische Gedanken um das Wesen und die adäquaten Ausdrucksformen moderner Kunst prägen ihre Künstlerkolleg:innen. 

Marianne von Werefkin, The Foolish Virgins
© Fondazione Marianne Werefkin, Museo Comunale d’Arte Moderna, Ascona, Schweiz
Neuanfang

Ab 1906 entstehen ihre visionären Werke. Den Sommer 1908 verbringt das Paar gemeinsam mit Kandinsky und Münter in Murnau, der Geburtsstätte der abstrakten Malerei, ein inspirierender Austausch folgt, nicht zuletzt Kandinsky übernimmt viele malerische und kunsttheoretische Anregungen von Werefkin. 

Werefkins Präsenz in der Kunstwelt ist außerordentlich, sie ist Mitbegründerin der `Neuen Künstler-vereinigung München´ 1909, nimmt 1911-12 an Ausstellungen der Neues Secession in Berlin teil, pflegt die Nähe zum Blauen Reiter und beteiligt sich an zahlreichen STURM-Ausstellungen. August Macke nennt sie die „Seele des Unternehmens“ und Else Lasker-Schüler kürt sie die „Blaue Reiter-Reiterin“ und bezeugt ihren hohen Stellenwert in der avantgardistischen Gruppe. Begeistert von post-impressionistischen Malern wie Edvard Munch und Paul Gauguin, setzt sie ganz auf die visuelle und emotionale Eigenwertigkeit der Farbe.

Marianne von Werefkin, Ave Maria, 1927
© Fondazione Marianne Werefkin, Museo Comunale d’Arte Moderna, Ascona, Schweiz
„Die Farbe bestimmt über die Form und unterwirft sie sich.“
Marianne von Werefkin

Ihre Auffassung von der immanenten Kraft der Farbe, setzt Werefkin in zahlreichen Werken um, augenfällig in ihrem 1910 entstandenen, provokantem »Selbstbildnis I«. Dieses kühne Portrait mit den rotglühenden Augen und wirbelnden Pinselstrichen visualisiert das revolutionäre Temperament der Künstlerin, die als Malerin und Kunsttheoretikerin ihrer Zeit weit voraus war. 

Marianne von Werefkin, Selbstbildnis I, 1910
© Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Foto: Lenbachhaus
„Ein Leben ist viel zu wenig für all die Dinge, die ich in mir spüre.“
Marianne von Werefkin